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Ist das Verbrechensopfergesetz menschenrechtskonform?

in Allgemein

Kirchenopfer wendet sich an Menschengerichtshof. Entscheidung über Entschädigung seit 10 Jahren anhängig. VwGH verschleppt Verfahren seit fast drei Jahren.

Straßburg, Wien, Michaelbeuern/Sbg (OTS) – Der heute 71jährige Klaus O. besuchte in den 60er Jahren die Klosterhauptschule des Benediktinerstiftes Michaelbeuern. Er wurde dort von mehreren Autoritätspersonen sexuell missbraucht: dem Rektor, dem Erzieher und seinem Lehrer. Zusätzlich erlitt er dort auch physische Gewalt. Er leidet seitdem an einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Persönlichkeitsstörung nach Extrembelastung sowie einer Angststörung. Infolgedessen war er langjährig arbeitslos und hatte einen entsprechenden Verdienstentgang. Dieser wurde anhand von Parallelbiografien zweier gleichaltriger Schulkollegen errechnet und liegt bei EUR 450.000.-

Auch Opfer wegen „Homosexualität“ verurteilt

Der heute hochbetagte Haupttäter wurde 1970 vom LG Salzburg der „Verführung zur Unzucht“ und des Verbrechens „wider die Natur mit Personen desselben Geschlechts“ rechtskräftig verurteilt (ein Straftatbestand bis 1971). Auch Klaus O. als Opfer wurde wegen „Homosexualität“ zu zwei Monaten „schweren Kerker“ drei Jahre auf Bewährung verurteilt (!). Als er im Jahre 2010 endlich die Kraft hatte, auch eine zivilrechtliche Schadenersatzklage gegen den Orden und den Täter zu führen, scheiterte diese, weil die r.k. Kirche, trotz anderslautender Bekenntnisse in der Öffentlichkeit, auf Verjährung pochte.

Keine Unterstützung im Rahmen des Verbrechensopfergesetzes

In der Hoffnung auf Entschädigung stellte Klaus O. 2013 stellte beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, den Antrag auf Hilfeleistungen (Verdienstentgang, Heilbehandlung) nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG. Das Bundesamt führte keine mündliche Verhandlung durch, sondern wies den Antrag sofort ab, ohne auf die vorgebrachten Beweismittel einzugehen. Klaus O. reichte daraufhin Beschwerde ein und brachte vor, dass es keine mündliche Verhandlung gegeben hatte und dass weder Tatzeugen und noch seine behandelnden Ärzte vernommen worden waren.

Gutachter: Antragsteller sei bloß „depressiv“

Schließlich führte das Bundesverwaltungsgericht 2020 eine mündliche Verhandlung durch und bestellte einen offenbar inkompetenten Gutachter, der nach 30 Minuten zum Ergebnis kam, dass Klaus O. nicht an den Folgen der sexuellen Übergriffe leide, sondern schlicht langanhaltend depressiv sei („Dysthymie“). Dann wurde jedoch auf Basis eines Privatgutachtens des gerichtlich beeideten Sachverständigen Doz. Dr. Salvatore GIACOMUZZI ein Wiederaufnahmeantrag gestellt. Er macht die Kausalität der Misshandlungen und der Arbeitsunfähigkeit deutlich. Auch dieser Antrag wurde vom BVwG abgelehnt.

„Strikte Kausalität“

Das österr. Verbrechensopfergesetz verlangt von Opfern den strikten Nachweis, dass die erlittenen Misshandlungen kausal für die Arbeitsunfähigkeit seien. „Es ist zynisch, von einem Mann, der damals ein Kind war und erst Jahrzehnte später darüber reden kann, einen solchen Nachweis zu verlangen”, erklärt die Anwältin Vera Weld. “Aus meiner Sicht ist es auch menschenrechtswidrig (Artikel 3 EMRK), dies zu verlangen.” Sie hat daher den Europäischen Menschengerichtshof angerufen. Überdies würde die Länge des Verfahrens ein Verstoß gegen die Fairnessbestimmungen darstellen, denn diese sehen eine Entscheidung in angemessener Zeit vor – der VwGH lässt sich nun schon fast drei Jahre Zeit mit einer Entscheidung.

Kirche und Staat gemeinsam gegen Opfer?

„Die Leidensgeschichte von Klaus O. zeigt, wie kirchliche und staatliche Stellen gemeinsam agieren und Rechte von Missbrauchsopfern beschneiden”, erklärt Sepp Rothwangl, Obmann der Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt. “Die r.k. Kirche kommt mit ihrem Verjährungseinwand ungeschoren davon und die Behörden weisen Anträge nach dem Verbrechensopfergesetz meist schon automatisiert ab. Gewaltopfer werden von allen Stellen alleine gelassen.“ Rothwangl fordert einmal mehr eine rückwirkende Aufhebung der zivil- und strafrechtlichen Verjährung bei Missbrauchsfällen und ein Einschreiten des Staates gegen die Vertuschungsstrukturen der röm.-kath. Kirche.

ART TV: Schweigen und Vertuschen – Die Todsünden der katholischen Kirche

in Belgien, Deutschland, Frankreich, Missbrauch, TV & Filme

Der Dokumentarfilm beschäftigt sich mit dem sexuellen Missbrauch im Umfeld der katholischen Kirche und untersucht die staatliche „Beißhemmung“ und die systematische Vertuschungsstrategie der Kirche. Die Aufdeckung des Missbrauchs hat die Institution Kirche in eine tiefe Krise gestürzt, da immer neue Fälle bekannt werden und die Aufklärung und Entschädigungszahlungen schleppend vorangehen. In Frankreich allein werden über 300.000 Opfer gezählt. Der Staat schaut oft weg, wenn die Täter einen weißen Stehkragen tragen, und wird von einem Sozialpsychologen als „Staatsversagen“ bezeichnet. François Devaux, selbst ein Opfer, ist einer der porträtierten Aktivisten, die sich für die Aufklärung und Unterstützung von Missbrauchsopfern einsetzen.

https://www.arte.tv/de/videos/104423-000-A/schweigen-und-vertuschen/

PULS 4 Doku: Gottloses Österreich

in Österreich, TV & Filme

Immer mehr Menschen treten aus der katholischen Kirche aus, was zu einem schwindenden Einfluss der Kirche führt. Allein im Jahr 2022 haben 90.808 Personen ihre Mitgliedschaft in der Kirche beendet. Diese Entwicklung wirft die Frage auf, welche Auswirkungen der Bedeutungsverlust der Kirche auf unsere Kultur und Traditionen hat. Die Dokumentation untersucht die Gründe, die Menschen dazu bewegen, ihre Glaubensgemeinschaft zu verlassen.

https://www.puls4.com/tv/puls-4-doku/puls-4-doku-gottloses-oesterreich/episode-01/puls-4-doku-gottloses-oesterreich-warum-der-kirche-die-glaeubigen-ausgehen

Baltimore: Hunderte Kinder von Priestern sexuell missbraucht

in Medienberichte, Missbrauch, USA

Ein Untersuchungsbericht in den USA zeigt, dass katholische Geistliche und andere Kirchenmitarbeiter der Erzdiözese Baltimore von den 1940er-Jahren bis 2002 mehr als 600 Kinder sexuell missbraucht haben. Der Bericht stellt fest, dass die Führung der Erzdiözese den Missbrauch vertuscht hat, anstatt die Kinder zu schützen. Der Bericht listet 156 Täter auf, die größtenteils namentlich genannt werden.

https://kurier.at/chronik/welt/baltimore-hunderte-kinder-von-priestern-sexuell-missbraucht/402391730

DAS UNSICHTBARE KIND

in Missbrauch

Sexueller Missbrauch in der Kirche: Unter den Augen eines Bischofs missbrauchte der Priester Peter H. jahrelang einen Jungen. Erstmals berichtet das Opfer in einer gemeinsamen Recherche von CORRECTIV und BR. So klar wie in Bayern war die Verantwortung der Vorgesetzten bis hinauf zum späteren Papst Benedikt noch nie sichtbar.

Missbrauch: Wie die katholische Kirche den deutschen Papst schützte

in Medienberichte, Missbrauch

VERSÖHNUNG DURCH VERJÄHRUNG IST VERHÖHNUNG

in Allgemein, Medienberichte, Pressemeldungen

Die christliche Verhöhnung von Betroffenen durch die Verjährung von Verbrechen und durch die Besetzung und Benennung eines Platzes im Grazer Stadtpark.

Den Anfang nahm die Geschichte vor ca. 25 Jahren, als die katholische Kirche auf ein 1981 errichtetes riesiges Holzkreuz in der Passamtswiese des Grazer Stadtparkes eine Tafel anbrachte mit der Ortsbezeichnung „Platz der Versöhnung“.

Am 31. März 2010 hielt Kardinal Schönborn im Stephansdom eine Klage und Bußgottesdienst wegen der pädosexuellen Gewaltakte ab.

Zeitgleich kam es zu einem Protest gegen diese verhöhnende Scheinheiligkeit. Die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt (www.betroffen.at) unternahm die Umbenennung des Platzes am Grazer Katholikenkreuz in „Platz der Verhöhnung“: Der Buchstabe „s“ wurde einfach mit einem „h“ überklebt, was jahreslang kaum auffiel.

Nach jahrelanger katholischer Gängelung durch die Klasnic-Kommission und weiterer Weigerung der Kirche auf den Einwand der Verjährung zu verzichten wurde 2010 die bestehende Tafel mit einer neuen Tafel durch die Plattform überklebt.

Diese Tafel wurde zwei Jahre lang nicht beanstandet – im Gegenteil – die Plattform erhielt unaufgefordert zahlreiche befürwortende Zuschriften und Dankschreiben. Diese Tafel wurde aber im Sommer 2022 von unbekannt entfernt, wodurch wieder die ursprüngliche Tafel zum Vorschein kam.

Die Plattform Betroffener wollte die Verhöhnung durch die Verjährung der Verbrechen und auch die Entfernung ihrer Tafel und die kirchliche Toponymie (Benennung) eines öffentlichen Platzes nicht widerspruchslos länger dulden.
Für den 28. 12. 2022, dem Tag der Unschuldigen Kinderi entschloss man sich daher zu einer spektakulären Aktion.

Unter extrem schwierigen und gefährlichen Bedingungen, wobei Seile in ca. 20 m Höhe anzubringen waren, wurden zwei lebensgroße entsprechend präparierte Puppen am Kreuz angebracht. Nach stundenlanger Arbeit war das Werk vollbracht.

Offensichtlich wurde das Geschehen aber von Kirchenmitgliedern beobachtet und angezeigt, weshalb unmittelbar nach Fertigstellung zwei Polizisten eintrafen, verdutzt staunten und unschlüssig am Kommando anfragten, was zu tun sei.

Der noch anwesende Obmann der Plattform, Sepp Rothwangl, wurde wegen §188 (Herabwürdigung religiöser Lehren) abgeführt, in das Stadtpolizeikommando Schmiedgasse vorgeführt und dort einvernommen. Rothwangl zeigt sich verwundert, dass es möglich sei, die Lehre der katholischen Kirche noch weiter herabzuwürdigen. Die Abführung wegen des Protests betrachtet er als Täter-Opfer-Umkehr (Victim blaming)ii, ein Vorgehen, das die Schuld des Täters für eine Straftat dem Opfer zuschreiben soll. Dadurch wird das Leid des Opfers verstärkt. Statt Beistand und Hilfe erfährt das Opfer Anklage und Beschuldigung.

Als Ursache der Aktion gab Rothwangl an, dass es diese nicht gäbe, hätte die Polizei ihm vor ca. 60 Jahren unweit des Katholikenkreuzes bei einer Einvernahme in der Polizeiinspektion Paulustorgasse Glauben geschenkt, als er als eingeschüchteter Bub über die sexualisierten Übergriffe im Grazer Marieninstitut berichtete. Die Puppen wurden sofort von der Polizei wieder abgenommen und in Polizeigewahrsam genommen.

Einige Tage sind inzwischen wieder vergangen und der Fall Teichtmeister kochte inzwischen hoch, und ruft den Staatsakt (Geste der Verantwortung) in Erinnerung, wo Kirche und Politik sich theatralisch und tränenreich Asche übers Haupt streuten. Auch Teichtmeisteriii war dort als Vorleser geladen, aber die Plattform dazu explizit nicht eingeladen und die Verjährung der Verbrechen danach weiterhin gesetzlich nicht aufhoben und so die Betroffenen weiter verhöhnt.

Verjährung, das ist das Werkzeug, womit sich die Kirche und ihre Täter aus der Verantwortung und Entschädigung schleichen. Dass unzählige Opfer lebenslang leiden wird höhnisch als nicht wieder gutmachbar dargestellt.
Welch ein Hohn auch, dass gerade die Jahreszählung die Kirche nutzt, eine Zählung, die grob falsch, verlogen, sektenhaft und betrügerisch ist, wie ihre religiösen Lehren.iv

Am 19. Jänner 2023 erhielt der Obmann der Plattform wie erwartet die Nachricht, dass das Verfahren eingestellt wurde und die Puppen wieder ausgehändigt werden. Leider wurde aber dieser Protest verhindert, wobei diesmal die Polizei die Plattform Betroffen zum Schweigen brachte, wie unzählige Male bisher in den Medien und im ORF geschehen, wenn immer wieder den Journalisten vorgelegte Fälle durch Interventionen nicht veröffentlicht und so vor der Öffentlichkeit verschwiegen wurden.

Alle Betroffen werden nun aufgefordert sich gegen die Verhöhnung durch die Verjährung zu wehren und das Grazer Katholikenkreuz als Anlass zu nehmen weiter zu protestieren.

Bitte senden Sie Vorschläge, was Sie weiter unternehmen wollen und ob Sie sich an weiteren Protest-Aktionen beteiligen wollen an:
vernetzung@betroffen.at Betreff: Versöhnung/Verjährung=Verhöhnung

Erstellt durch Sepp Rothwangl
Obmann der Plattform betroffen.at

CEP -238.197

i https://de.wikipedia.org/wiki/Kindermord_in_Bethlehem#Fest_der_Unschuldigen_Kinder

ii https://de.wikipedia.org/wiki/Victim_blaming

iii https://orf.at/stories/3301505/

ivThe Scythian Dionysius Exiguus and His Invention of Anno Domini

Missbrauch in der katholischen Kirche: Andreas Perr und sein Kampf gegen die Bischöfe

in Medienberichte, Missbrauch

Missbrauchsopfer klagt Erzdiözese Wien auf 921.000 Euro

in Betroffene berichten, Medienberichte, Missbrauch, Österreich, Pressemeldungen, Prozesse, Wien

Ein Wiener wurde jahrelang von einem Pfarrer missbraucht. Dieser starb, nun klagt das Opfer die Kirche auf Schmerzengeld und Verdienstentgang.

Eigentlich war sein größter Wunsch, einmal Pfarrer zu werden. Doch was Franz S. (Name geändert) erleben musste, änderte seine Einstellung zur Kirche komplett. Der heute 51-jährige Wiener wurde von 1977 bis 1988 von einem Pater der Pfarre Heiliges Kreuz in Wien-Floridsdorf sexuell missbraucht, niemand half ihm: „Er sagte zu mir: ‚Wenn du einer von uns werden willst, dann gehört das dazu.‘ Als ich gemerkt habe, was da abgeht, hatte ich absolut kein Interesse mehr, Pfarrer zu werden“, erzählt Franz S. im Gespräch mit „Heute“.

Das Martyrium begann für Franz S. laut eigenen Angaben schon vor seinem Volksschul-Eintritt, die Übergriffe passierten überwiegend im Pfarrhaus: „Meine Pflegefamilie kannte und vertraute dem Pfarrer des Kreuzherren-Ordens. Er hat sie auch finanziell unterstützt. In der Volksschule hatte ich Religionsunterricht bei ihm, später dann die Vorbereitung auf die Erstkommunion. Er war mir sehr zugetan, lud mich mehrfach zu sich ein. Begonnen hat es mit Berührungen, die immer intensiver wurden und schließlich in brutalen Vergewaltigungen endeten“, erinnert sich Franz S.

Ich erzählte einem Mitbruder von dem Missbrauch. Aber es passierte nichts, außer dass der Pater in eine andere Pfarre versetzt wurde. Und der Missbrauch ging einfach weiter“ – Franz S.

Der Wiener erwähnte die Taten des Pfarrers – laut ihm gibt es auch weitere Opfer – vor seiner Familie, „doch sie meinten, es wird schon nicht so schlimm sein. Der Herr Pfarrer ist so nett und ein guter Umgang für mich.“ Auch einem Mitbruder des Pfarrers vertraute sich Franz S. an: „Ich erzählte ihm davon, aber es passierte nichts, außer dass der Pater in eine andere Pfarre versetzt wurde. Doch der Missbrauch ging einfach weiter.“

Auch als der Wiener älter wurde und eine Lehre als Bankkaufmann begann, belästigte ihn der Geistliche: „Er stalkte mich und passte mich vor der Schule ab. Später fand er heraus, in welcher Bank-Filiale ich arbeitete und wartete dort auf mich. Er sagte mir, dass unsere ‚Beziehung‘ etwas Besonderes wäre. Dass ich für ihn die ‚große Liebe‘ bin und mit niemanden darüber sprechen darf. Zum letzten Missbrauch kam es, als ich 17 Jahre alt war. Danach habe ich es endlich geschafft, den Kontakt zu ihm und auch zu meiner Pflegefamilie abzubrechen.“

Der Pfarrer wurde strafrechtlich nie belangt, 2009 starb er im Alter von 83 Jahren. Franz S. hingegen litt unter massiven psychischen und physischen Problemen: „Ich hatte Depressionen, Schlafstörungen, Panikattacken, Migräne und Platzangst. Und schließlich auch ein Burnout. Trotzdem konnte ich das, was mir passiert ist, lange Zeit sehr erfolgreich verdrängen. Erst ab 2009, als ich von einer Psychiaterin und einer Psychotherapeutin der psychosozialen Dienste der Stadt Wien (PSD) betreut wurde, kam mein Trauma heraus.“

Franz S. wandte sich daraufhin an die Ombudsstelle der Erzdiözese Wien und durchlief ein langwieriges Clearing-Verfahren bei der Opferschutzkommission („Klasnic-Kommission“). 2012 wurde der 51-Jährige als Opfer anerkannt. Er erhielt 35.000 Euro Entschädigung sowie 150 bewilligte Therapiestunden: „Im Vorfeld hatte es noch geheißen, dass ich so viele Therapie-Einheiten bekomme, wie ich benötige. Dann waren es auf einmal nur mehr 150 Stunden. Ich habe bisher schon über 1.000 Therapiestunden verbraucht. Für mich war es so, als würde ich nur abgespeist werden.“

Klagssumme beläuft sich auf 920.856,60 Euro

2013 wandte sich der Wiener daher an den Rechtsanwalt Dr. Heinrich Fassl, dieser reichte nach ergebnislosen Vergleichsverhandlungen eine Schadenersatz-Klage gegen die Pfarre und die Erzdiözese Wien ein. Neben 300.000 Euro Schmerzensgeld und 23.856,60 Euro Vorprozess-Kosten fordert Franz S. auch eine Entschädigung für seinen Verdienst-Entgang: „Ich bin seit 2001 als Bank-Angestellter arbeitsunfähig und musste in Pension gehen“, erklärt der 51-Jährige. Für den monatlichen Verdienst-Entgang wurden daher von Jänner 2001 bis Dezember 2015 rund 2.000 Euro, ab 1. Jänner 2016 dann 3.000 Euro veranschlagt. Macht bis Ende Juli 2022 eine gesamte Klagssumme von 920.856,60 Euro.

Doch das Erstgericht wies die Klage mit dem Hinweis auf die Verjährungsfrist ab: „Demnach hätte mein Mandant schon Klage einreichen müssen, als er sich 2010 bei der Opferschutz-Kommission gemeldet hat. Das ist aus meiner Sicht völlig überzogen. Denn damals konnte er schlicht und ergreifend noch nicht über den Missbrauch sprechen“, erklärt Anwalt Fassl.

„Wir werden zeigen, dass sich die Kirche eines ‚untüchtigen Gehilfen‘ bedient hat. Er wurde als Lehrer für Volksschul-Kinder eingesetzt und hat durch sein Fehlverhalten massive Schäden verursacht“ – Rechtsanwalt Heinrich Fassl

Fassl ging in Berufung, die Causa ging bis zum Obersten Gerichtshof. Und dieser fällte nun ein erstaunliches Urteil: Die Klage ist nicht verjährt, denn die Verjährungsfrist sei von der Erzdiözese dadurch unterbrochen worden, „dass sie weiterhin Therapiekosten übernehmen und weitere Sachverhaltserhebungen anstellen wolle“, so der OGH. Zudem wurden Vergleichsverhandlungen zwischen der Erzdiözese und Franz S. nie formell beendet.

Voraussichtlich am 22. September findet daher die Beweisaufnahme am Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen statt. Der Kläger Franz S. und sein Anwalt müssen nun beweisen, dass die Erzdiözese von den kriminellen Neigungen des Pfarrers gewusst hat: „Es wird nicht leicht. Mir ist kein zivilrechtlicher Prozess dieser Art bekannt. Aber wir setzen auf die ‚Gehilfenhaftung“ und werden zeigen, dass sich die Kirche eines ‚untüchtigen Gehilfen‘ bedient hat. Er wurde als Lehrer für Volksschul-Kinder eingesetzt und hat durch sein Fehlverhalten massive Schäden verursacht“, so Fassl.

Für Franz S. wird der Prozess eine Tortur: „Dieser Mann hat mein ganzes Leben zerstört. Ich habe keine Familie, hatte nie eine längere Beziehung. Ich kann seit 2001 nicht mehr arbeiten und leide nach wie vor an schweren psychischen Folgen des Missbrauchs. Ich möchte, dass meine Rechte und Ansprüche gewahrt werden.“ Gewinnt Franz S. den Prozess, wäre er das erste Missbrauchsopfer, das über die Opferschutz-Kommission entschädigt wurde und anschließend zivilrechtlich Schadenersatz zugesprochen bekommt.

Hörbilder Petersplatz 6

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Eine Recherche über Pädophilie und Missbrauch in kirchlichen Institutionen in Österreich.
Feature von Ute Maurnböck-Mosser

Tausende Kinder wurden in den vergangenen Jahrzehnten in kirchlichen Institutionen missbraucht. Von Priestern und Nonnen, die sich im System Kirche sicher wähnen konnten. Lange gab es keine Anzeigen, nur Gerüchte, was hinter den Mauern der Einrichtungen passiert. Erst seit den 1990er Jahren werden Opfer angehört.
Ungefähr 1.800 Menschen wurden von der Expert/innenkommission, der sogenannten Klasnic-Kommission, anerkannt. Weit mehr sind traumatisiert, gebrochen, wütend oder selbstmordgefährdet ob ihrer Erlebnisse; viele von ihnen können ihre Geschichte bis heute nicht erzählen.

Der kleine Verein „Victim’s Mission“ ist eine Anlaufstelle für Menschen in Not. Viele Missbrauchsopfer finden im „Vereinslokal“, einem kleinen Schokoladengeschäft in Wien, ein offenes Ohr und tatkräftige Hilfe. Seit Dezember 2011 kämpfen die wenigen ehrenamtlich Tätigen gegen Bürokratie und Ignoranz, lukrieren Spenden, um Therapiekosten zu bezahlen und engagieren sich für jene, die sonst allein gelassen werden.

Gegendarstellung

Sie haben in Ihrem Rundfunkprogramm Ö1 am 12.4.2014 sowie auf Ihrer Website oe1.orf.at im Zeitraum vom 12.4.2014 bis 12.5.2014 jeweils in der Sendung mit dem Titel „Petersplatz 6. Pädophilie und Kirche“ der Sendereihe Hörbilder über Fälle von Kindesmissbrauch in kirchlichen Institutionen berichtet.

Insbesondere wurden unter Bezugnahme auf ein Missbrauchsverbrechen, das ein gewisser Pater Wolfgang, der im Jahr 1966 in der Peterskirche in 1010 Wien tätig gewesen sein soll, an Herrn David d’Bonnabel im Haus Petersplatz 6, 1010 Wien im Jahr 1966 begangen haben soll folgende Opus Dei betreffende Behauptungen des David d’Bonnabel verbreitet:
„Am Tag nach der Missbrauchstat gingen meine Mutter und meine Großmutter zum Opus Dei Haus und fragten nach Pater Wolfgang. Der Opus Dei Rektor erschien und teilte Ihnen mit, dass Pater Wolfgang in den Sommerurlaub gefahren wäre. Der Opus Dei Rektor lebte immer am Petersplatz Nummer 6. Er starb im Jahr 2011. Er hat Pater Wolfgangs wahre Identität geschützt. Bis zu seinem Tod im Jahr 2013 trug Pater Wolfgang sein Priestergewand. Er wurde nie bestraft.“
Diese Behauptungen des Herrn David d’Bonnabel sind unrichtig:
Opus Dei stand im Jahre 1966 in keinerlei Verbindung mit der Peterskirche oder dem Haus Petersplatz 6, dem nunmehrigen Opus-Dei-Haus. Es gab weder im Jahre 1966 noch danach einen Priester des Opus Dei in Österreich mit dem Namen Pater Wolfgang. Erst im Jahre 1969 wurde ein Priester des Opus Dei zum Pfarradministrator der Pfarre St. Peter bestellt, der ab 1975 auch die Bezeichnung Rektor führte. Erst seit dem Jahr 1983 wird das Haus Petersplatz 6 von Priestern des Opus Dei bewohnt. Es hat daher kein Priester des Opus Dei mit dem Namen Pater Wolfgang im Jahr 1966 an Herrn David d’Bonnabel eine Missbrauchstat begangen, noch wurde die wahre Identität von einem Opus Dei Rektor geheim gehalten.

Gegendarstellung von Victims Mission

Die Hörbildsendung „Petersplatz 6“ wurde vom ORF aus dem Programm gestrichen, nur durch dubiose Aussagen der Vertreter der Kath. Kirche, insbesondere „OPUS DEI“. Nicht alle Teilnehmer wurden gerichtlich befragt, noch zur Verhandlung aussagekräftig Vorgeladen. Die Verhandlung beruht darauf, dass ein Erwachsener Betroffener der Misshandlung und sexuellen Gewalt sich nicht mehr auf das genaue Datum, Uhrzeit, erinnern kann. die Aussagen der kath. Kirche , Opus Dei, wurden weder sachlich Begründet, noch von der Staatsanwaltschaft und Richter, geprüft, sondern unter dem Motto: “ Die kirchlichen Vertreter lügen nie“ als gegeben hingenommen.

Victims Mission fragt: „Wieso wurde die Sendung “ Hörbild Petersplatz 6″ zur Gänze von den Instituten gestrichen, wobei der gesamte Inhalt von den Betroffenen der kirchlichen sexuellen Gewalt gedemütigt wurden, zudem die „Klasnic-Kommission“, unter Leitung von Kardinal Schönborn und der österreichischen Bischofskonferenz Geldbeträge und Psychotherapeutische Massnahmen bewilligt wurden!“

Besonderes Augenmerk wird auch der Bischofskonferenz in der Abtei Michaelbeuern, 5. November 2018, verliehen. Ein Betrag, durch die Klasnic-Kommission, wurde durch Kardinal Schönborn und der österreichischen Bischofskonferenz, genehmigt und an zahlreiche Sexuelle Gewaltopfer der Benediktinerabtei überwiesen. Abt Johannes Perkmann  OSB, hatte Herrn Klaus Oberndorfer, schweres Opfer des Internates Michaelbeuern, durch den Rektor, Pädagogen und alleinigen Internatsleiter Pater Ulrich, zusätzlich mehrere Geldbeträge aufgrund der Schwere der Folgeschäden per Banküberweisung bezahlt. Dies wurde durch die Bischofskonferenz unter Leitung von Herrn Kardinal Schönborn beanstandet und somit wurde Herr Abt Johannes mit Schweigepflicht, Kontaktverbot zum Opfer und zusätzlich Kommunikationsverbot auferleget. Seitdem reagiert Abt Johannes auf keine E-Mails, Schreiben, Telefonanrufe und allen Kontaktierungen nicht mehr. Herr Klaus Oberndorfer fühlt sich von allen kirchlichen Vertretern nicht nur vernachlässigt, sondern wird totgeschwiegen!