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Kleriker. Psychogramm eines Ideals.

Von Eugen Drewermann 900 Seiten Patmos 2001

„Kleriker“ ist der Titel einer Psychoanalyse des Priester- und Ordensstandes, die nächste Woche erscheint. Der Paderborner Theologe Eugen Drewermann schreibt, die Kirche bringe vor allem Kranke hervor, „bis an die Grenzen des Wahnsinns“, und empfiehlt dem Klerus, sich eher an Brigitte Bardot als an Maria zu orientieren.
Was ein Theologe als wahr empfindet, das muß falsch sein: Man hat daran beinahe ein Kriterium der Wahrheit. Was dem Leben am schädlichsten ist, das heißt hier “wahr”, was es hebt, steigert, bejaht, rechtfertigt und triumphieren macht, das heißt “falsch”.
Was kennzeichnet den “gegenwärtigen Zustand der katholischen Kirche”? Antwort: “Die Unmenschlichkeit eines jahrhundertelang etablierten Systems der konsequenten Zerstörung des Individuums auf allen Ebenen persönlicher Existenz”.
Woran kranken katholische Weltpriester und Ordensleute? Antwort: An “systematischer Entpersönlichung” und einer “Verleugnung der gesamten eigenen Biographie”. Es sind Menschen, bei denen “Gefühle keinerlei Rolle spielen” und “die grundsätzlich nur anzuerkennen vermögen, was ihnen durch fremde Autoritäten verbürgt” wird.
Wie gehen katholische Amtsträger mit Gläubigen um? Antwort: “Der Ausfall jedes eigenen Willens und Denkens” veranlaßt sie, “auch mit anderen Menschen geradeso umzugehen wie mit sich selbst: ,gemaßregelt’ sozusagen, mit den Verfahren institutioneller Absicherungen”.
Welche Katholiken gehen heute gewöhnlich noch zur Kirche? Antwort: “Fast nur noch Menschen, die in ihrem ,Glaubensgehorsam’ geistig, bezogen auf den Bewußtseinsstand ihrer Zeitgenossen, um Jahrhunderte zurückgeblieben und, bezogen auf ihre eigene Biographie, in der Zeit vor der Pubertät stehengeblieben sind”.

Der Spiegel, vom 30.10.1989

Mehr Informationen ISBN: 978-3-530-70016-9