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Kloster mauert weiterhin im Fall Mehrerau

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derstandard.at, 24.7.2012

Altabt vor Zeugenaussage plötzlich erkrankt, beschuldigter Pater bleibt unauffindbar.

Feldkirch – Der als Zeuge geladene Altabt plötzlich erkrankt, der Täter wie gehabt unauffindbar. Am zweiten Prozesstag im Schadenersatzprozess eines Missbrauchsopfers gegen das Bregenzer Kloster Mehrerau blieb alles beim Alten: Das Kloster mauert. Die Forderung des Opfers nach 135.000 Euro Verdienstentgang und Schmerzensgeld ist weiterhin offen.
Im Internat des Klosters Mehrerau durfte ein Pater trotz einer Verurteilung wegen Missbrauchs als Erzieher, Lehrer, kurzfristig auch als Internatsleiter, arbeiten. Wusste die Klosterleitung von seiner Verurteilung? Welche Machtstellung hatte der Mann im Internat? Diese Frage sollte die zweite Tagsatzung im Schadenersatzprozess des ehemaligen Schülers, (eines von mehreren Gewaltopfern des Paters) klären.

Plötzliche Erkrankung
Licht ins Klosterdunkel sollte Altabt Kassian Lauterer, der als Zeuge geladen war, bringen. Eine plötzliche Erkrankung, ausgebrochen in der Nacht vor der Verhandlung, hinderte den Geistlichen an der Zeugenaussage. „Das sieht zwar nach Inszenierung aus, aber er war willens zu kommen, hat er mir gestern noch gesagt“, beteuerte Mehrerau-Anwalt Bertram Grass.

Lauterer wird für Oktober neuerlich geladen.
Ebenfalls der Verhandlung fern blieb der des Missbrauchs beschuldigte Pater Johannes B. Ihm konnte die Ladung nicht zugestellt werden. Das Kloster Mehrerau gibt seinen Aufenthaltsort nicht bekannt, wie Prior Vinzenz Wohlwend erneut bekräftigte. Er habe es Pater Johannes versprochen. Wohlwend verriet jedoch, dass B. im Ausland sei. Aufhorchen ließ Wohlwend mit der Aussage, B. habe ihm gegenüber den Missbrauch an jenem 58-Jährigen zugegeben, der die erste Schadenersatzklage gegen das Kloster eingereicht habe. Der Missbrauch wurde in der Verhandlung vom April des Jahres vom Kloster noch bestritten.

Umstrittene Verjährungsfrist
Einen Schritt weiter kam das Gericht am Dienstag, was die Frage der Befugnisse des Paters angeht. Bisher hatte sich das Kloster auf die dreijährige Verjährungsfrist berufen, man sei für vorsätzliche Straftaten eines Paters nicht haftbar. Anwalt Grass führte das Kirchenrecht ins Treffen, das dem Abt das alleinige Entscheidungsrecht zuerkenne. Opfervertreter Sanjay Doshi sieht Pater B. jedoch als „Machthaber“, ob für einen solchen die Verjährungsfrist gelte, müsse das Gericht nun klären.
Die Zeugenaussagen eines früheren Erziehers und des Vaters des Opfers bestätigten Doshis These. Pater B. war für Angestellte wie Eltern der Entscheidungsträger im Internat. Zeuge H., vier Jahre Erzieher im Internat: „Pater Johannes war mein Vorgesetzter und Dienstgeber.“ Mit ihm habe er Gehaltsverhandlungen geführt, er habe ihm das Gehalt bar ausbezahlt, B. habe sämtliche Entscheidungen getroffen. „Nachfragen musste er im Kloster nur, wenn es um große Investitionen ging.“
Auch der Vater des Klägers bestätigte: „Einzige Ansprechperson für uns Eltern war B. Bei ihm haben wir auch die Internatsgebühren bezahlt.“ Der Prozess wird im Oktober fortgesetzt